22 November 2024, 06:13:42

Autor Thema: Der Antagonist als Protagonist - und die Moral von der Geschicht  (Gelesen 24206 mal)

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Chibou

  • Gast
Ich mache die Antagonisten gerne zu meinen Hauptfiguren.
Igor zum Beispiel, mein Wirtschaftsexperte und Auftragskiller. Er verdient viel Geld, sieht halbwegs gut aus, hatte ne schöne Kindheit gehabt, hat ne Frau die ihn liebt und am schlimmsten: Er hat Erfolg, mit allem, was er tut. Das skrupellose an ihm soll sein, dass er alles mit klarem, gesunden Verstand tut und ihm voll und ganz bewusst ist, dass das FALSCH ist.
Am Ende versucht er allerdings wenigstens, sich selbst etwas zu strafen. (lässt dabei aber nicht wirklich sein Ziel aus dem Auge.)
Die Moral : Keine.
Auf seine eigene Art wird er trotzdem irgendwie Glücklich. (auch ohne die Frau, die er liebt)
Ok, am Ende stirbt er. Aber das war nicht so geplant! (von mir) Er hätte auch glücklich leben können bis ans Ende seiner Tage. (Seinen Tod brauche ich wegen so ner Sache in der Vorsetzung).

Das geht doch nicht! oder?! Kann man so etwas als Leser GUT heißen oder würde es einen einfach nur aufregen, weil es unfair und ungerecht ist?


Welche Haltung habt ihr den 'Bösewichten' gegenüber?
Und vor allem : Hofft ihr auf irgendeine höhere 'Macht' (Moral) die am Ende ne Rechnung stellt?

Czýtrius

  • Gast
Re: Der Antagonist als Protagonist - und die Moral von der Geschicht
« Antwort #1 am: 30 August 2014, 18:22:32 »
Wieso sollte das nicht funktionieren?
Protagonist beschreibt ja erst einmal die Hauptfigur und ist somit ohne Wertung, ob gut oder schlecht. Genauso wie mit dem Antagonisten der Gegenspieler wertungsfrei beschrieben wird.
Nehmen wir mal diverse Superhelden, die Selbstjustiz vollziehen. Da sind diese ja eigentlich auch die Bösen und die Polizei, die sie verfolgt, die Guten ....

Chibou

  • Gast
Re: Der Antagonist als Protagonist - und die Moral von der Geschicht
« Antwort #2 am: 30 August 2014, 18:45:42 »
Hi ý!
Also ist die Moral für dich nicht von Bedeutung ...?
Nehmen wir mal diverse Superhelden, die Selbstjustiz vollziehen.
Die ist dann meist aber doch irgendwie moralisch korrekt, oder nicht?  :biggrin:

Sirius

  • Gast
Re: Der Antagonist als Protagonist - und die Moral von der Geschicht
« Antwort #3 am: 30 August 2014, 19:20:21 »
Zitat

Die ist dann meist aber doch irgendwie moralisch korrekt, oder nicht?  :biggrin:

Was ist unter moralisch korrekt zu verstehen? :dontknow:

Wenn so eine Selbstjustiz lediglich von Seiten des "Vollstreckers" o. k. ist?
Er beurteilt ja eine Straftat von seiner persönlichen Ansicht her.
Und wenn so eine Selbstjustiz nach den allgemein geltenden Gesetzen ebenfalls eine Straftat ist, kann sie dann immer noch als moralisch korrekt verstanden werden? :dontknow:

Chibou

  • Gast
Re: Der Antagonist als Protagonist - und die Moral von der Geschicht
« Antwort #4 am: 30 August 2014, 19:32:16 »
Was ist unter moralisch korrekt zu verstehen? :dontknow:

Wenn so eine Selbstjustiz lediglich von Seiten des "Vollstreckers" o. k. ist?
Er beurteilt ja eine Straftat von seiner persönlichen Ansicht her.
Und wenn so eine Selbstjustiz nach den allgemein geltenden Gesetzen ebenfalls eine Straftat ist, kann sie dann immer noch als moralisch korrekt verstanden werden? :dontknow:
Ich nehmen mal ein traditionell russisches Problem : Kommissar ist Vertreter des Gesetzes und der Übeltäter. Man kann dem nichts; Beweise lässt er verschwinden und selbst wenn du dem doch irgendwie auf die Schliche kommst, findet man am nächsten Tag ne Tüte Koks bei dir im Handschuhfach! Dann landest du hinter Gittern.

Und dann kommt der Superheld, nageld den bei einem illegalem Waffen Handel mit den Waffen an die Wand ... und TADA! Gibt nen schönen Schnappschuss und er wandert in den Bau (für weniger als der, dem das Koks untergejubelt wurde, aber er wandert.)
Das ist meine Vorstellung und moralisch korrekter Selbstjustiz.

Aber um die gings mir ja gar nicht ...  :schnief:
Sondern angenommen es kommt kein Superheld. Der Kommissar geht irgendwann in Rente, macht sich schöne ruhige Tage und ... Ende. - keine Moralischekeule.
Was haltet ihr von so etwas?

Ryek Darkener

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Re: Der Antagonist als Protagonist - und die Moral von der Geschicht
« Antwort #5 am: 30 August 2014, 19:37:58 »
Ich glaube, dass hier zwei Dinge durcheinandergewürfelt werden. Den Konflikt hat ý  eigentlich gut skizziert:
Zitat
Protagonist beschreibt ja erst einmal die Hauptfigur und ist somit ohne Wertung, ob gut oder schlecht. Genauso wie mit dem Antagonisten der Gegenspieler wertungsfrei beschrieben wird.
Nehmen wir mal diverse Superhelden, die Selbstjustiz vollziehen. Da sind diese ja eigentlich auch die Bösen und die Polizei, die sie verfolgt, die Guten ....

Eigentlich. denn ab "Nemen wir mal an …" ist es wertend. :biggrin:
Gut und Böse sind persönliche Wahrnehmungen vom Standpunkt eines Betrachters aus. Im Gegensatz zu Richtig und Falsch – hier kommt die Physik ins Spiel. Deshalb ist Richtig nicht unbedingt Gut und Falsch nicht unbedingt Böse.

Der Konflikt Protagonist - Antagonist ist also wertfrei.
Gut und Böse ist die Sicht des Autors auf diesen Konflikt. Genauso wie ethische oder moralische Aspekte. Sie reflektieren die Kultur, in der der Autor lebt. Oder sie reflektieren sie nicht. Das entscheidet der Autor, und sonst niemand.
DSvU-4(5) "Wurzeln und Flügel (AT)": Plotten, Schreiben (demnächst;))

Uli

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Re: Der Antagonist als Protagonist - und die Moral von der Geschicht
« Antwort #6 am: 30 August 2014, 19:46:50 »
ich finde nicht, daß das ein Problem ist - inhaltlich. Ist schließlich realistisch ...

Allerdings benötigst du (wie immer) sowas wie eine Aussage.
Aber es gibt ziemlich viele (und sehr gute) Romane, die den 'Bösen' als Held haben - und das ohne 'Läuterung' am Ende. Allen voran 'der Pate', ein wunderbares Beispiel.

Genre? Roman.
Und je nach dem: Heimatroman (der Pate ist netto ein Heimatroman amerikanischer Mafiosi ...), Entwicklungsroman, auch Kriminalroman wäre möglich

Chibou

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Re: Der Antagonist als Protagonist - und die Moral von der Geschicht
« Antwort #7 am: 30 August 2014, 20:04:22 »
Eigentlich. denn ab "Nemen wir mal an …" ist es wertend. :biggrin:
Gut und Böse sind persönliche Wahrnehmungen vom Standpunkt eines Betrachters aus. Im Gegensatz zu Richtig und Falsch – hier kommt die Physik ins Spiel. Deshalb ist Richtig nicht unbedingt Gut und Falsch nicht unbedingt Böse.
Das sehe ich genauso.
Dennoch ist das Gericht für mich eine der höchsten kulturellen Instanzen der Menschheit  :biggrin:
Es muss bewertet werden. Natürlich nicht bis ins kleinste Detail und klar kann man mal wo n Auge zudrücken ... aber wir bewerten, wenn auch unbewusst. (Ist Neurologisch verankert, wir können uns nicht dagegen wehren ;) )

Gut und Böse bleibt also Abseits der Gesetzeslage subjektiv.

Zitat
Gut und Böse ist die Sicht des Autors auf diesen Konflikt. Genauso wie ethische oder moralische Aspekte. Sie reflektieren die Kultur, in der der Autor lebt. Oder sie reflektieren sie nicht. Das entscheidet der Autor, und sonst niemand.
Hier muss ich widersprechen. Der Autor will entscheiden, was der Leser sieht. Will sogar entscheiden, was der Leser denkt, durch eine wertende Sprache. Aber manchmal sieht der Leser genau, dass das so läuft und kocht sich im Kopf sein eigenes Süppchen. Und in manchen Fällen soll er das auch.

Ihr könnt mir doch nicht ernsthaft erzählen, dass euch die Moral nicht interessiert!  :watchout:


@ Uli
Der Pate  :cheer:
Verdammt gutes Beispiel ... hab das Buch leider nicht gelesen, muss ich aber mal unbedingt nachholen. Der Film war ... Hammar.
Aber gut finde ich ihn (wie die Hauptfigur auch immer hieß) als Person nun aber nicht  :biggrin: (Vor allem ist das voll unrealistisch, das der keine Italienerin heiratet. Wirklich. Verdammt unrealistisch ...)
Vor allem wurde er in dieses 'System' hineingeboren. (Es ging um die Familie.)
Das ist für mich wieder etwas anderes, als 'freiwillig' bei so krummen Dingen mitzumachen.

EDIT : Die Frau, die er wirklich liebte, stirbt an seiner Stelle. Das ist doch ne moralische Keule!
« Letzte Änderung: 30 August 2014, 20:06:19 von Chibou »

Ryek Darkener

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Re: Der Antagonist als Protagonist - und die Moral von der Geschicht
« Antwort #8 am: 30 August 2014, 20:16:30 »
Eigentlich. denn ab "Nemen wir mal an …" ist es wertend. :biggrin:
Gut und Böse sind persönliche Wahrnehmungen vom Standpunkt eines Betrachters aus. Im Gegensatz zu Richtig und Falsch – hier kommt die Physik ins Spiel. Deshalb ist Richtig nicht unbedingt Gut und Falsch nicht unbedingt Böse.
Das sehe ich genauso.
Dennoch ist das Gericht für mich eine der höchsten kulturellen Instanzen der Menschheit  :biggrin:
Es muss bewertet werden. Natürlich nicht bis ins kleinste Detail und klar kann man mal wo n Auge zudrücken ... aber wir bewerten, wenn auch unbewusst. (Ist Neurologisch verankert, wir können uns nicht dagegen wehren ;) )

Der neurologische Aspekt des Wertens ist eine überlebenswichtige Funktion von Lebewesen. Und deshalb vollkommen wertfrei im Sinne von Kultur, Moral, Ethik, ...

Zitat
Gut und Böse bleibt also Abseits der Gesetzeslage subjektiv.

Genau.

Zitat
Zitat
Gut und Böse ist die Sicht des Autors auf diesen Konflikt. Genauso wie ethische oder moralische Aspekte. Sie reflektieren die Kultur, in der der Autor lebt. Oder sie reflektieren sie nicht. Das entscheidet der Autor, und sonst niemand.
Hier muss ich widersprechen. Der Autor will entscheiden, was der Leser sieht. Will sogar entscheiden, was der Leser denkt, durch eine wertende Sprache. Aber manchmal sieht der Leser genau, dass das so läuft und kocht sich im Kopf sein eigenes Süppchen. Und in manchen Fällen soll er das auch.

Ihr könnt mir doch nicht ernsthaft erzählen, dass euch die Moral nicht interessiert!  :watchout:

Es geht nicht darum, ob mich als Person Moral interessiert. Sondern darum, was ich dem Leser in meinem Werk erzählen will. Und das soll hoffentlich immer dazu führen, dass der Leser sein Kopfkino anschmeißt.

Zitat
EDIT : Die Frau, die er wirklich liebte, stirbt an seiner Stelle. Das ist doch ne moralische Keule!

Was an diesem Satz ist bitte eine moralische Keule? Etwas zynisch betrachtet sind das die Alltagserfahrungen vieler Menschen. Aber wo ist da die Moral dahinter? Das ist genau der Punkt: Wenn ich anfange den Lesern aufzudrängen, was ich persönlich als moralisch oder unmoralisch empfinde, laufe ich in die Richtung andere belehren zu wollen. Und wenn ich mich belehren lassen will, dann kaufe ich eine wissenschaftliche Abhandlung, aber kein Buch aus der Belletristik. :cheese:
DSvU-4(5) "Wurzeln und Flügel (AT)": Plotten, Schreiben (demnächst;))

Uli

  • Gast
Re: Der Antagonist als Protagonist - und die Moral von der Geschicht
« Antwort #9 am: 30 August 2014, 20:19:49 »
ähm ...

wie soll ich es sagen? Der Pate als Film, das ist ...


... furchterregender verdammter kitschiger verblödeter Bockmist ...

Entschuldige mei Klatschianisch.
Da wird exakt nicht klar - im Vergleich zum Buch. Da ist alles schlüssig (und vor allem wird klar, daß, wie und warum Michael sich eben doch entscheidet, und warum die Entscheidung - nun - richtig war. Aber der Punkt, auf den ich rauswollte ist ein anderer: Michaels Vater, der Don, ist die eigentlich 'erzählte' Figur. Dessen Lebenslauf vom mittellosen Einwanderer zum mächtigsten Mann der New Yorker Unterwelt ist das Grundgerüst (Michaels Geschichte dreht sich da drumherum, und ja, er ist die Identifikationsfigur, aber die Geschichte ist: warum wird ein ehrlicher, kluger Mann zu 'so einem'?) .

Tja. Und das Ende von DonCorleones Geschichte ist: Er geht 'auf Rente', überträgt die Geschäfte auf Michael, den er zwar weiterhin berät, aber der jetzt 'der Boss' ist. Und eines Tages hat er einen Herzinfarkt, beim Arbeiten im Garten, und stirbt in den Armen seines Sohnes - mit den Worten 'das Leben ist schön'.

Und erst das überzeugt Michael, den richtigen Weg gegangen zu sein, und das zu tun, was ... nun zu tun ist. (Im Buch wird die junge Hure nicht mit Phillip Tattaglia zusammen  erschossen. Das ist so ein Punkt, wegen dem ich den Film einfach furchtbar finde. Mal abgesehen von all dem, was im Film fehlt.

Losgehen, Buch kaufen, anfangen zu reden wir reden dann ... Montag weiter. (weil man das Buch entweder sofort oder erst nach dem Lese-Ende aus der Hand legt ...)

Grade dieses Buch würde dir mit dem Projekt ungeheuer helfen: es geht um ... Perspektive. Übrigens in vielerlei Hinsicht  ...

cheers, Uli

Chibou

  • Gast
Re: Der Antagonist als Protagonist - und die Moral von der Geschicht
« Antwort #10 am: 30 August 2014, 20:47:51 »
Der neurologische Aspekt des Wertens ist eine überlebenswichtige Funktion von Lebewesen. Und deshalb vollkommen wertfrei im Sinne von Kultur, Moral, Ethik, ...
Bewertung hat auch unter neurologischen Aspekten ne Ganze Menge mit Kultur und Persönlichkeit zu tun. (Ich bin mir einem Moslem verheiratet. Obwohl er so ziemlich 'eingedeutscht' ist, was meist du was für Meinungsverschiedenheiten sich auftun können, wenn wir beide versuchen 'objektiv' zu sein? Bewertung bleibt unter jedem (bis auf den Gesetzlichen halt) Aspekt subjektiv.

Zitat
Es geht nicht darum, ob mich als Person Moral interessiert. Sondern darum, was ich dem Leser in meinem Werk erzählen will. Und das soll hoffentlich immer dazu führen, dass der Leser sein Kopfkino anschmeißt.
Echt sogar zum unmoralischen Preis? ? ?  :'(

Zitat
Zitat
EDIT : Die Frau, die er wirklich liebte, stirbt an seiner Stelle. Das ist doch ne moralische Keule!

Was an diesem Satz ist bitte eine moralische Keule? ... Wenn ich anfange den Lesern aufzudrängen, was ich persönlich als moralisch oder unmoralisch empfinde, laufe ich in die Richtung andere belehren zu wollen.
Na gut, das mit der Frau ist ein 'Schicksalsschlag'. Aber es wäre nicht passiert, wenn er nicht er gewesen wäre.

Und es geht wirklich nicht darum, jemanden zu belehren ... es ist doch auch ne Form von Verantwortung ... die man als Autor so hat. Ich sage meinen Kindern immer : 'machst du böses, passiert dir vielleicht erst recht was böses.' Ich würde doch nicht hingehen und sagen : 'Also wenn euer Plan Wasserdicht ist, ihr aufjedenfall davon kommt und auch noch profitiert ... nur zu!'
Ist ein bisschen übertrieben, aber so meine ich's halt ... mit der Moral  :rotwerd:
« Letzte Änderung: 30 August 2014, 20:49:58 von Chibou »

Chibou

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Re: Der Antagonist als Protagonist - und die Moral von der Geschicht
« Antwort #11 am: 30 August 2014, 20:54:48 »
wie soll ich es sagen? Der Pate als Film, das ist ...


... furchterregender verdammter kitschiger verblödeter Bockmist ...
Wow!  :biggrin:
(Aber naja, hätt ich mir denken müssen, der Film ist im Vergleich zum Buch doch eigentlich immer Zweitklassig)

Zitat
Losgehen, Buch kaufen, anfangen zu reden wir reden dann ... Montag weiter. (weil man das Buch entweder sofort oder erst nach dem Lese-Ende aus der Hand legt ...)

Grade dieses Buch würde dir mit dem Projekt ungeheuer helfen: es geht um ... Perspektive. Übrigens in vielerlei Hinsicht  ...
Noch mal Wow! Herzlichen Dank für den Anstoß und vor allem für die Aufklärung!  :cheer:
*Händereib*

Danke danke!  :cheer:

Ryek Darkener

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Re: Der Antagonist als Protagonist - und die Moral von der Geschicht
« Antwort #12 am: 30 August 2014, 21:21:37 »
Der neurologische Aspekt des Wertens ist eine überlebenswichtige Funktion von Lebewesen. Und deshalb vollkommen wertfrei im Sinne von Kultur, Moral, Ethik, ...
Bewertung hat auch unter neurologischen Aspekten ne Ganze Menge mit Kultur und Persönlichkeit zu tun. (Ich bin mir einem Moslem verheiratet. Obwohl er so ziemlich 'eingedeutscht' ist, was meist du was für Meinungsverschiedenheiten sich auftun können, wenn wir beide versuchen 'objektiv' zu sein? Bewertung bleibt unter jedem (bis auf den Gesetzlichen halt) Aspekt subjektiv.

Ja, Bewertung bleibt subjektiv. Aber sie ist, im neurologischen Falle, nicht abhängig von Kultur, Religion u.s.w. Da geht es nur darum, welche Entscheidung, getroffen auf der Bewertung, mir mein Überleben sichert. Ich meine, dass man hier sehr hart differenzieren muss, weil man sonst in Grundsatzdiskussionen über die Richtigkeit von Weltanschauungen hineingerät.

Zitat
Zitat
Es geht nicht darum, ob mich als Person Moral interessiert. Sondern darum, was ich dem Leser in meinem Werk erzählen will. Und das soll hoffentlich immer dazu führen, dass der Leser sein Kopfkino anschmeißt.
Echt sogar zum unmoralischen Preis? ? ?  :'(

Versteh ich nicht. Naja, nicht ganz. Ich würde zum Beispiel keine Romane schreiben, in denen detailliert Folter und Vergewaltigung beschrieben ist. Das, was teilweise auf dem Markt ist, hat für mich nicht die Qualität eines Romanes, sondern einer Bedienungsanleitung. Ich habe meine moralischen Prinzipien, wie jeder andere Mensch auch.
Aber in meiner "Tabula Rasa" ist das, was heute Vergewaltigung heißt, unter bestimmten Bedingungen explizit nicht nur erlaubt, sondern sogar gewünscht. Weil es Bestandteil der Kultur ist, in der sich meine Protas befinden. Und weil die Begründung dafür aus Sicht dieser Kultur logisch ist, wenn auch aus unserer Sicht (Deutschland, 21. Jahrhundert) unmoralisch.

Zitat
Zitat
Zitat
EDIT : Die Frau, die er wirklich liebte, stirbt an seiner Stelle. Das ist doch ne moralische Keule!

Was an diesem Satz ist bitte eine moralische Keule? ... Wenn ich anfange den Lesern aufzudrängen, was ich persönlich als moralisch oder unmoralisch empfinde, laufe ich in die Richtung andere belehren zu wollen.
Na gut, das mit der Frau ist ein 'Schicksalsschlag'. Aber es wäre nicht passiert, wenn er nicht er gewesen wäre.

Und es geht wirklich nicht darum, jemanden zu belehren ... es ist doch auch ne Form von Verantwortung ... die man als Autor so hat. Ich sage meinen Kindern immer : 'machst du böses, passiert dir vielleicht erst recht was böses.' Ich würde doch nicht hingehen und sagen : 'Also wenn euer Plan Wasserdicht ist, ihr aufjedenfall davon kommt und auch noch profitiert ... nur zu!'
Ist ein bisschen übertrieben, aber so meine ich's halt ... mit der Moral  :rotwerd:

Zitat
Hinter jedem großen Vermögen steht ein Verbrechen.

Honoré de Balzac
(1799 - 1850), französischer Philosoph und Romanautor

Steht am Anfang vom "Paten", den ich bisher noch nicht gelesen habe. @Uli: Es gibt keine Zufälle.

Die Entscheidung, mit sich und seiner Umgebung respektvoll umzugehen, hat Konsequenzen. Genau wie die Entscheidung, das Gegenteil zu tun.
DSvU-4(5) "Wurzeln und Flügel (AT)": Plotten, Schreiben (demnächst;))

Chibou

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Re: Der Antagonist als Protagonist - und die Moral von der Geschicht
« Antwort #13 am: 30 August 2014, 22:52:08 »
Da geht es nur darum, welche Entscheidung, getroffen auf der Bewertung, mir mein Überleben sichert.
glaub mir doch ^^ einer Bewertung liegt immer die Erfahrung zugrunde. (und die kann von Kultur geprägt sein, ist es meist auch.)

http://www.nncn.de/de/das-netzwerk/Netzwerkpartner/BPCN/BPNC_Glaescher
Oder Manfred Spitzer  :cheer: erklärt es auch ziemlich gut https://www.youtube.com/watch?v=ahEjGqEpyt0

Zitat
Versteh ich nicht. Naja, nicht ganz. Ich würde zum Beispiel keine Romane schreiben, in denen detailliert Folter und Vergewaltigung beschrieben ist. Das, was teilweise auf dem Markt ist, hat für mich nicht die Qualität eines Romanes, sondern einer Bedienungsanleitung. Ich habe meine moralischen Prinzipien, wie jeder andere Mensch auch.
Das meine ich! Nach meinen Prinzipien ist jemanden mit einem Sack voll Übeltaten davon kommen zu lassen ... nja; bedenklich.

Zitat
Die Entscheidung, mit sich und seiner Umgebung respektvoll umzugehen, hat Konsequenzen. Genau wie die Entscheidung, das Gegenteil zu tun.
Danke für diesen Satz  :cheer:

Trippelschritt

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Re: Der Antagonist als Protagonist - und die Moral von der Geschicht
« Antwort #14 am: 31 August 2014, 07:07:43 »
Hi Chibou,

da könnten Dir die Begriffe durcheinandergeraten sein.
Ich habe vor kurzem eine schöne Definition darüber gelesen, was der Protagonist ist. Er ist die Figur unter den  Hauptfguren, die die größte Entwicklung in der Geschichte durchmacht.
Wenn dir die nicht gefällt, nimm eine andere. Es gibt genug davon. Vielleicht die, aus dere Perspeltive das meiste erzählt wird.
Egal

Du erzählst eine Geschichte und bestimmst, wer Deine Hauptfigur ist. Das ist alles. Mit Moral hat das nichts zu tun.

Liebe Grüße
Trippelschritt
Wer bin ich, wer war ich, wer werde ich sein?